19.03.2025
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Gerty und Hugo von Hofmannsthal: »Bin ich eigentlich jemand, den man heiraten kann?«
Briefwechsel 1896 – 1929
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Bei S. Fischer Verlag in Frankfurt/Main ist der Briefwechsel von Gerty und ihrem Mann Hugo von Hofmannsthal von Nicoletta Giacon herausgeben. Die italienische Germanistin beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Leben Hofmannsthals Leben und Werk, ist Herausgeberin und Übersetzerin von Hofmannsthal bis Elfriede Jelinek
Der österreichische Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal, eigentlich Hugo Laurenz August Hofmann, Edler von Hofmannsthal, wurde am 1. Februar 1874 in Wien geboren, er war Lyriker, Librettist und auch Mitbegründer der Salzburger Festspiele. Er zählt auch zu den wichtigsten Repräsentanten des deutschsprachigen Fin de Siècle und der Wiener Moderne. Mit »Fin de Siècle« wird das Ende eines Jahrhunderts in allen Bereichen der Kultur bezeichnet. Der Schriftsteller heirate 1901 Gerty Schlesinger, geboren 1880, die Tochter eines höheren Wiener Bankbeamten.
Die Herausgeberin hat die 1835 Seiten umfassenden Korrespondenz von Gerty und Hugo von Hofmannsthal sorgsam ediert und auch kommentiert, herausgekommen ist ein Briefwechsel der beiden Partnern gerecht wird. Der Schriftsteller ist häufig nach geringen Anstrengungen ermüdet, führt zeitweise das Leben eines Neurasthenikers. Das wird heute beschrieben mit Depression und Born-out. Aber diese seelischen Beschwerden drückt er auch in seinen Briefen an Gerty aus. Seine Frau führt in Rodaun – seit 1938 der 23. Wiener Gemeindebezirk – den Haushalt, ist für die Kinder verantwortlich, während der Dichter von München bis Rom, keine Stadt auslassend, als ein Kosmopolit durch Europa reist. Das Angebot seiner Frau ihn zu begleiten, schlägt er stets aus.
Die nun veröffentlichte Korrespondenz der Hofmannsthals besteht aus 973 Briefen, Postkarten und auch Telegrammen – diese gibt es heute leider nicht mehr. Es die Intimität des Zusammenlebens, ist so geschrieben, als wenn Gerty und Hugo ein Gespräch führen. Auch für Politik interessierte sich der Dichter nicht. Kaum wehrtauglich kam er nach Beginn des Ersten Weltkrieges in die Medienabteilung des kaiserlichen Heeres, wo er förderliche Propaganda schrieb.
Gerty von Hofmannsthal ist Hausfrau, Mutter von drei Kindern und Sekretärin des Schriftstellers und Lyrikers, ist verantwortlich dafür, dass keine Kontakte abbrechen. Dafür bekommt sie Lob vom Ehemann.
Der Briefwechsel von Gerty und Hugo von Hofmannsthal sind über ihre biografischen Nachrichten vor allem ein Zeugnis einer Liebesbeziehung, wie es sie nur selten gibt.
Im Nachwort schreibt Germanistin und Kulturwissenschaftlerin Ursula Renner: »Die Korrespondenz zwischen dem Paar beginnt Mitte der 1890er Jahre und endet am 15. Juli 1929, als der Dichter im Alter von nur 55 Jahren einem Schlaganfall erliegt. Hofmannsthal war ein Briefeschreiber, wie die Fülle seiner überlieferten Briefe beweist.« - Gerty von Hofmannsthal emigrierte nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich nach England, wurde 1947 britische Bürgerin, blieb bis zu ihrem Tod am 9. November 1959 in England. Lesenswert.
khw
Gerty und Hugo von Hofmannsthal:
»Bin ich eigentlich jemand, den man heiraten kann?«
Briefwechsel 1896 – 1929
S. Fischer Verlag Frankfurt/Main 2024
1835 Seiten – zahlreiche Fotos - 88,00 EUR
Das Projekt wurde finanziert durch den Austrian Science Fund (FWF) und die S. Fischer Stiftung, deren Stifterin Monika Schoeller (1939–2019) das Editionsprojekt ganz besonders am Herzen lag. Das Deutsche Literaturarchiv Marbach gewährte zu Beginn der Arbeit ein Stipendium.
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