09.12.2023
André Scheer: Klassenkampf im Äther – 100 Jahre Rundfunk in Deutschland

Der Autor André Scheer, geboren 1972, leitete bei der Tageszeitung «junge Welt» das Resort Außenpolitik, schrieb für die Zeitung der DKP «unsere Zeit» zu Lateinamerika, Portugal und Spanien, veröffentlichte im Verlag Wiljo Heinen den Titel «Venezuela – Reportage aus der Revolution» und im Verlag PapyRossa den Titel «Che Guevara», zu 100 Jahre Rundfunk in Deutschland den Titel: «Klassenkampf im Äther». Im Klappentext heißt es: «100 Jahre Radio in Deutschland bedeutet von Anfang an Klassenkampf.» Somit ist der Band keine Geschichte über Radiostars, auch nicht über Hits und Anekdoten.

Die Voraussetzungen für eine drahtlose Telegrafie war die Entdeckung der elektromagnetischen Wellen durch den am 22. Februar 1857 in Hamburg geborenen Physiker Heinrich Hertz, der 1886 als erster elektrische Wellen im Experiment erzeugen und nachweisen konnte. Damit beginnt die Geschichte des Rundfunks. André Scheer beschreibt in seinem Buch, wie bereits seit Beginn des Rundfunks der Arbeiterbewegung der Zugang zum Rundfunk verwehrt wurde.

Der Start des Rundfunks begann mit der Ansage am 22. Dezember 1920 in Königs Wusterhausen mit: «Achtung, Achtung – hier ist Königs Wusterhausen auf Welle 2700». Angestellte der Deutschen Reichspost gaben ein Weihnachtskonzert mit Klarinette, Harmonium, Streichinstrumenten und Klavier aus dem Sendegebäude auf dem Mühlenberg, der später in «Funkerberg» der Stadt Königs Wusterhausen umbenannt. Wie berichtet wird, war die Sendequalität miserabel.

Drei Jahre später, am 29. Oktober 1923, nahm von Berlin aus ein Sender seinen regelmäßigen Sendungen auf. Aus dem Voxhaus in der Stadt wurde denen, die es hören konnten, ein Foxtrott dargeboten. Dieses Datum wird heute als die Geburtsstunde des Rundfunks angesehen.

Von Beginn an kontrollierte in der Weimarer Republik der Staat sowohl Programm wie Technik mit. Die Industrie wurde staatlich verpflichtet, nur Rundfunkgeräte herzustellen, die allein den Mittelwellenbereich empfangen, auch nicht senden können. Die Reichspost war für Sende- und Empfangstechnik zuständig. Das Radio zu Hause musste bei der Post mit einer Urkunde genehmigt werden. Jeder Radiobesitzer musste für den Empfang der Sendungen bezahlen. Auch die Arbeiterradiobewegung wurde behindert. Heute wird immer noch kontrolliert, wer senden darf. Dann kam die Unterwerfung des Rundfunks mit der Übernahme der Macht am 30. Januar 1933 durch Hitlers Nationalsozialisten. Mit Beginn des Überfalls Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion begann die Stunde des «Deutschen Freiheitssenders 29,8». Die Nazis nicht untätig, sendeten unter falscher Fahne gefälschte linke Propaganda nach Frankreich, Großbritannien und in die Sowjetunion.

Das änderte sich erst mit der bedingungslosen Kapitulation des Hitler Reiches.

In der Nacht zum 7. Mai 1945 wurde in Reims mit den Alliierten Streitkräften und den Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Generaloberst Alfred Jodl, der zuvor von Großadmiral Karl Dönitz, noch von Hitler als sein Nachfolger ins Amt gehoben, dazu autorisiert war; Hitler hatte sich durch Selbstmord seiner Verantwortung entzogen. Dieser Akt wurde in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945 im Hauptquartier der Roten Armee der Sowjetunion und dem General Georgi Schukow in Berlin-Karlshorst wiederholt.

Der neue Anfang des Rundfunks nach dem Ende beginnt getrennt in West und Ost. So gibt es in der DDR keinen Kommerzsender auf Megahertz, im Gegensatz zur Bundesrepublik. Erst mit dem Ende der DDR wird sich das wieder ändern. Es ist die Übernahme der DDR durch die BRD, die bereits am 1. Juli 1990 beginnt, als in der noch als Staat existierende DDR die D-Mark das einzige Zahlungsmittel wird.

André Scheer erinnert in seinem Buch über den Rundfunk, auch was einmal in der DDR Rundfunk war – den es in der «Einheit» seit dem 3. Oktober 1990 nicht mehr gibt. Eine lesenswerte Geschichte des Rundfunks.
khw


André Scheer: Klassenkampf im Äther
100 Jahre Rundfunk in Deutschland

Verlag 8. Mai, Berlin 2023
224 Seiten – Broschur – 19,90 EUR