17.11.2021
Detlef Siegfried: Bogensee – Weltrevolution in der DDR 1961-1989

Der Autor Detlef Siegfried, Jahrgang 1958, lehrt als Professor für Neuere Deutsche und Europäische Geschichte an der Universität Kopenhagen und ist Mitglied der Königlich Dänischen Akademie der Wissenschaft, wurde ausgezeichnet mit dem Forschungspreis der Alexander-von-Humboldt-Stiftung.

In seinem Band »Bogensee« erzählt Detlef Siegfried die Geschichte der Jugendhochschule »Wilhelm Pieck« der Freien Deutschen Jugend (FDJ) aus Quellen von der Akademie der Künste bis zum Bundesarchiv. Von 1961 bis 1989 wurden an der Jugendhochschule junge Revolutionäre aus aller Welt in Marxismus ausgebildet. In diesen Jahren war der Bogensee die »Linke Alternative« gegen den Kapitalismus.

Der Ursprung von Bogensee: 1939 legte sich der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels am Rande des Bogensees einen Landsitz zu, der nach Kriegsende ab 1946 als Schulungsheim genutzt wurde. Daraus wurde nach 1951 nach Plänen vom Architekten Hermann Henselmann – bekannt durch die Stalin-Allee, die Ost-West-Magistrale in Berlin – die Anlage erweitert um Lehrgebäude, Kulturhaus und Wohngebäude. Die Jugendhochschule »Wilhelm Pieck« besuchten in Jahreskursen etwa 3.500 Teilnehmer die am Bogensee ausgebildet wurden. Es waren stets junge Mitglieder sozialistischer und kommunistischer Jugendorganisationen, die in ihren Ländern mit dem Ziel ausgebildet wurden, die Revolution voranzubringen. Die Lehrgangsteilnehmer verbrachten gleichzeitig mit ihrem Besuch der Jugendhochschule auch einen »DDR-Lehrgang«, aus FDJ-Funktionären, die politisch kontrollierten und auch disziplinierten. Trotzdem herrschten in den Internationalen Jahrgängen tolerantere Maßstäbe als in der DDR. Die FDJ hatte klare Vorstellungen vom Weg und Ziel zur richtigen Ideologie, musste aber stets flexibel sein, sollte die Zusammenarbeit nicht aufs Spiel gesetzt werden.

Über Jahre war die Jugendhochschule Bogensee einer der wenigen Orte in der DDR, wo junge Bürger des Landes ihren Alltag mit Gleichaltrigen aus aller Welt verbringen konnten. Es war auch ein Raum zu politischen Diskussionen von West nach Ost, von Nord nach Süd.

Dabei war die Jugendhochschule »Wilhelm Pieck« keine Hochschule im eigentlichen Sinne, sondern nur als »höchste Bildungsstätte der FDJ« eingeordnet. Der Besuch der »Fachschule für Gesellschaftswissenschaften« qualifizierte ihre Teilnehmer nach Abschluss für ein Hochschulstudium.

Der Band »Bogensee« ist eine wissenschaftliche Arbeit von Detlef Siegfried der Universität Kopenhagen wo er als Professor lehrt. Von der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein wurden die Druckkosten übernommen. Es ist der dänische Blick auf die Jugendhochschule »Wilhelm Pieck von Danmarks Kommunistiske Parti (DKP) und ihrem Jugendverband, Danmarks Kommunistiske Uugdom (DKU), die vom Leser viel Verständnis fordert. Trotz dieser Einschränkungen lesenswert.
khw


Detlef Siegfried: Bogensee
Weltrevolution in der DDR 1961-1989

Wallstein-Verlag, Göttingen 2021
296 Seiten – zahlreiche Fotos – 28,00 EUR