07.09.2021
Alwin Meyer: Mama, ich höre dich – Mütter, Kinder und Geburten in Auschwitz

Der Autor Alwin Meyer wurde 1950 in Cloppenburg geboren. Seit 1972 ist er in vielen Ländern auf Spurensuche nach den Kindern aus dem Konzentrationslager Auschwitz. Zu diesem Thema hat er mehrere Ausstellungen, zahlreiche Artikel, Bücher und einen Dokumentarfilm veröffentlicht. 1982 wurde Alwin Meyer mit dem Preis »Das politische Buch des Jahres« ausgezeichnet.

Am 27. Januar 1945 haben Soldaten der Roten Armee der UdSSR das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Nur 60 der im KZ Auschwitz geborenen Kinder konnten im Januar 1945 befreit werden.

Alwin Meyer schreibt: »Die in Auschwitz befreiten Babys und kleinen Kinder kannten die Vorstufen des Todes oft besser als das Leben. Unruhig und verzweifelt sind manche bis heute, weil sie nicht wirklich wissen und sich ständig fragen: „Wer bin ich?“, „Lebt meine Mutter noch?“, „Wo ist meine Schwester?“, „Wurde mein Vater tatsächlich vergast?“ – Die Häftlingsnummer, am linken Unterarm, Oberschenkel oder Po eintätowiert, ist oft das Einzige, was Auskunft gibt: Auschwitz. - Die befreiten Mädchen und Jungen waren nur noch Haut und Knochen. Manche wussten nichts über ihre Herkunft. Fast alle waren Waisen. Sie trauten oft keinen Menschen mehr. Erwachsene waren für sie wie Kinder ohne jede Lebenserfahrung. – Überleben ist jedoch nicht leben, ist Zwischenzustand, bedeutet Leben lernen. Die befreiten Kinder mussten lernen, wieder jung zu werden, um wie die anderen Menschen altern zu können.«

Über die deutschen Verbrechen im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz ist sehr viel geschrieben worden. Fast unbekannt blieb über Jahrzehnte die Geschichte der Kinder, die in Auschwitz geboren wurden. Ihre Geschichte hat mit viel Takt, Mitgefühl und großer Geduld und Beharrlichkeit Alwin Meyer über Jahre recherchiert. Es ist ein faktenreiches Buch das nicht nur Zahlen und Fakten liefert, er gibt den am Leben gebliebenen Kindern Namen, Gesichter und lässt sie zu Wort kommen.

Eva Umlauf, 1942 in Slowenien im Lager Nováky geboren berichtet: »Unsere Mutter litt immer intensiv an den Folgen der Nazizeit. Das Leben war für sie jahrzehntelang physisch und psychisch eine Qual. Meine Schwester und ich waren alles, was meiner Mutter geblieben war. Wir waren ihr einziger Lebensgrund. Jetzt verstehe ich: Unser Überleben war ihr Triumpf.«

Das Buch von Alwin Meyer: »Mama, ich höre dich« ist ein Dokument über die Verbrechen von Deutschen in Auschwitz und in weiteren KZs von Theresienstadt bis Hamburg-Neuengamme begangen wurden, in der Hoffnung, das so etwas nicht wieder kommt.
khw


Alwin Meyer: Mama, ich höre dich
Mütter, Kinder und Geburten in Auschwitz

Steidl Verlag, Göttingen 2021
256 Seiten – zahlreiche Abbildungen – 18,00 EUR