19.06.2020
Albert Londres: AFRIKA IN KETTEN – REPORTAGEN AUS DEN KOLONIEN

Der Journalist und Schriftsteller ist Franze, geboren am 1. November 1884 in Vichy, gestorben am 16. Mai 1932 auf dem Luxusdampfer »Georges Philippar«, der auf seiner Jungfernfahrt im Golf von Aden in Flamen aufging und ausbrannte.

Londres studierte in Lyon, ist ab 1903 in Paris, startet hier drei Jahre später seine Journalistenkarriere beim »Le Matin« (deutsche „Der Morgen“). Die Zeitung erschien vom 26. Februar 1884 bis zum 17. August 1944, zu Beginn moderat republikanisch, stand aber sozialistischen Ideen ablehnend gegenüber. Die Zeitung hat bereits vor dem Ersten Weltkrieg eine Auflage von einer Millionen Exemplaren, musste nach der Befreiung Paris von Hitlers Soldaten am 17. August 1944 wegen ihrer Vichy-Treue das Erscheinen einstellen.

Mit Beginn des Ersten Weltkriegs arbeitete Albert Londres als Kriegsberichterstatter, erster großer Artikel ist das Feuer in der Kathedrale von Reims am 19. September 1914. Sein Wunsch nach Versetzung in den Orient wurde von der Redaktion des »Le Matin« abgelehnt. Ab nun folgten Auslandsreportagen für andere Tageszeitungen, auch für die meistgelesene Tageszeitung in Frankreich »Le Petit Journal«. 1920 unternahm er eine Reise in die UdSSR, von wo er über das neue gesellschaftliche System berichtet, auch über Lenin und Trotzki. Ab 1922 ist er in Asien, berichtet aus Indien über Nehru, Gandhi und Tagore.

Ab 1923 ist er Chefredakteur der »Le Petit Parisien«. In diesem Jahr reist er in die französische Kolonie Guyana in Südamerika, berichtet über den hier herrschenden Rassismus. Für seine Reportagen über Frankreichs Kolonien, besonders über die Schreckensherrschaft in Afrika, lösen einen Skandal aus. Die Empörung in Frankreich ist nicht das Unterdrückungssystem, sondern der Autor der darüber berichtet.
Worüber Londres schreibt schildert er sachlich, aber mit drastischen Worten. Projekte in Afrika, in Paris vom Kapital erdacht wie die der Bau der Kongo-Ozean-Bahnfordern tausende von Toten, es sind ja Schwarze die durch neue Schwarze ersetzt werden können. In der Einleitung schreibt er: »Die Veröffentlichung dieser Arbeit soll eine schändliche Tat von mir sein. Von vielen Seiten wird sie mir vorgeworfen. Ich kann mir die Ohren nicht genug zuhalten. Ich wurde nach meiner afrikanischen Reise als Mestize, Jude, Lügner, Seiltänzer, Lump, Verächter Frankreichs, Zuhälter, Verräter, zweifelhafter Geschäftsagent, Verrückter und zuletzt als gemeiner Journalist gebrandmarkt. Alle, die in den Kolonialzeitungen das große Wort führen, haben mir die Hölle heiß gemacht. Es sind gegen meine Wenigkeit ganze Extrablätter gedruckt worden. Die großen Kolonialhelden der Boulevards sind im Namen der Geschichte, der Medizin, der Politik, der Weltwirtschaft, der gesellschaftlichen Ordnung, der Baumwolle, des Goldes, des Nigers, der Seine und des Kongos zu Gericht gesessen.« Nicht nur Franzosen beuten die Kolonien aus, auch von Engländer, Belgiern, Italienern wie den Niederländern ist gleiches zu berichten. Zu diesem Kreis gehören Spanien wie Portugal. Deutschland hatte nach dem von ihm mit angezettelten Ersten Weltkrieg nach 1918 keine Kolonien mehr, sind auch nicht anders umgegangen mit den Afrikanern und Insulanern in der Südsee.
Ein Band zum besseren verstehen des großen Kontinentes Afrika.
Khw


Albert Londres: AFRIKA IN KETTEN
REPORTAGEN AUS DEN KOLONIEN
Aus dem Französischen von Petra Ball und Yvan Goll
Mit einem Nachwort von Irene Albers und Wolfgang Struck

Die Andere Bibliothek, Berlin 2020
376 Seiten - 44,00 EUR