01.01.2018
Die Bayern Chronik oder FC Bayern unterm Hakenkreuz

Auf die «Bayern Chronik» - die Geschichte des FC Bayern München - wurde ich durch eine Sendung von «CAPRICCIO» des 3. TV-Programms des Bayerischen Fernsehens Anfang Dezember aufmerksam. In dem Beitrag wurden Auszüge der 2 sieben Kilo schweren Bände vom Autor Diedrich Schulze-Marmeling vorgestellt. In den zwei Bänden, geteilt von 1900 bis 1979 und ab 1979 bis heute, wird die Geschichte des FC Bayer München von seinen Anfängen bis in die Gegenwart in aller Breite dokumentiert.

Die Jahre von 1933 bis 1945 des Fußballvereins, über die seit langer Zeit ein dichter Schleier hängt, sind wohl die interessantesten Jahre der Vereinsgeschichte. Es wird das erste Mal mit Fotos und Dokumenten belegt, dass auch der FC Bayern München mit den Nationalsozialisten kooperierte. Sehr früh zeigte sich München, in den NS-Jahren auch als Stadt der Partei genannt, für die nationalsozialistische Propaganda empfänglich.

Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg merkten vor allem die Juden in der Stadt an der Isar, wie sich die Stimmung radikalisierte. Wie überall in Deutschland so war auch die bayerische Staatsregierung auf dem rechten Auge blind. Als ihren Nachbar mussten die Juden Hitler und andere Nazifunktionäre ertragen. In der Bayern-Heimat Maxvorstadt wie auch in Schwabing war das NS-Gedankengut anzutreffen. Bereits zu Mitte der 20er Jahre hatte die NSDAP in Schwabing ihre stärkste Formation in der Stadt. Nicht von ungefähr hat Hitler hier die Parteizentrale - das Braune Haus - eröffnet. Davor befand sich das NS-Quartier in der Maxvorstadt. Eine Hochburg war die Universität. Bereits Mitte der 20er Jahre war an der Universität die Präsenz von Juden, ob als Studenten und Professoren in Frage gestellt.

Bayerns erster Meistermacher, Richard Domi ein Österreicher war Jude, der ab 1928 in Deutschland als Trainer tätig war. In der Spielzeit 1930/31 war der Wiener der Coach der Bayern und führte die Mannschaft am 12. Juni 1932 im Stadion von Nürnberg zu ihrer ersten deutschen Meisterschaft. Bereits im Sommer 1933 musste Meistermacher Domi das Nazi-Deutschland verlassen und ging in die Schweiz. Spätere Stationen seiner Odyssee sind Spanien und die Niederlande. Nach 1945 kommt er noch einmal im Juli 1951 nach München kurz zurück, besucht seine alten Bayern.

Der langjährige Vereinspräsident Kurt Landauer tritt am 22. März 1933 zurück. In den «Clubnachrichten» des Fußballclubs wird der Rücktritt mitgeteilt. Hier heißt es: «In einem unter dem 22. März an die Vorstandschaft gerichteten Schreiben legte Herr Landauer mit sofortiger Wirkung sein Amt als 1. Vorsitzender nieder. Im Interesse des Clubs, dessen Wohlergehen ihn nach wie vor am Herzen liege, glaubte er diesen Schritt unbedingt machen zu müssen. Die Vorstandschaft verschloss sich im Hinblick auf die Neugestaltung der Verhältnisse in Deutschland dieses Rücktritts nicht.» Erst im Mai 1939 gelingt es Kurt Landauer mit seinem Pass, der ein in rot eingestempeltes «J» sowie den zweiten Vornamen «Israel» hat, nach unendlichen Repressalien der Nazis, endlich das Deutsche Reich zu verlassen, er geht in die Schweiz ins Exil.

Seit dem 9. Juni 1934 hat der FC Bayern eine neue Satzung. Wie von den Nazis gefordert ist sofort das «Führerprinzip» Bestandteil der Satzung. Auch ein «Ältestenrat», der dem Vereinsführer beratend zur Seite stehen soll, kommt hinzu. Bei internen Streitfällen soll er schlichten. Ab September 1935 muss jedes Mitglied des «Fußballklub Bayern e.V.» diese Erklärung unterschreiben: «Ich erkläre hiermit ehrenwörtlich und an Eidesstatt, dass ich rein arischer Abstammung bin. (Es ist mir bekannt, dass als arisch nur gilt, wer von arischen (deutschen) Eltern und Großeltern abstammt.)»

Bereits 1933 wurde beim Sport im Deutschen Reich die Gauliga eingeführt, die aus 16 Gauen besteht. Im Gau 16 spielen die Bayern. Auch in den NS-Jahren zählen Bayern-Spieler zum Aufgebot der Nationalelf. Im Spiel 1938 gegen Portugal prangte nicht mehr der «Adler», sondern das Hakenkreuz auf dem Trikot der Spieler. Bis 1945 war der Fußball - auch die Bayern - nur noch Mittelmaß im Reich unter dem Hakenkreuz.

Für die NS-Ideologie im FC Bayern war seit 1933 Theodor Slipek zuständig. Der Mann, Mitglied der NSDAP seit 1928, wird 1936 SS-Standartenführer. Slipeks Aufgaben, das ist auch sein Anliegen, den Fußballverein vom Ruf eines «Judenklubs» zu befreien. Dafür war er der richtige Mann. Später bekommt er als Auszeichnung das goldene Parteiabzeichen der NSDAP, den Ehrendegen vom Reichsführer der SS Heinrich Himmler und den SS-Totenkopfring.

Opfer des Nazi-Regimes waren auch Mitglieder des FC Bayern. Das erste Opfer ist der jüdische Jurist Alfred Strauß, der am 11. Mai 1933 ins Konzentrationslager Dachau verschleppt wird. Der SS-Mann Johann Kanntschuster ermordet Strauß 13 Tage später mit 2 Pistolenschüssen in den Hinterkopf. In diesen Jahren werden weitere 28 Mitglieder des FC Bayern ermordet, davon sind 27 Juden. Vier weitere jüdische Vereinsmitglieder
begingen angesichts des NS-Repressionen Suizid. Überlebt haben die Nazi-Barbarei 38 jüdische Vereinsmitglieder durch ihre Emigration. Die Ziele sind neben England, Schweden und die Schweiz, die USA und Südamerika, Brasilien, Ecuador und Venezuela. Auch Palästina, damals noch englisches Treuhandgebiet, ist eines ihrer der Ziele.

Als Widerstandskämpfer gegen den Faschismus wurde das Vereinsmitglied Wilhelm Willy Buisson, der ab August 1933 im Auftrag Exil-SPD im tschechischen Grenzgebiet im Widerstand arbeitet, 1938 in Linz verhaftet. Der Volkgerichtshof in Berlin verurteilte Buisson am 27. April 1940 wegen «Landesverrat» und «Vorbereitung zum Hochverrat». Am 6. September 1940 wird in Berlin-Plötzensee das Urteil vollstreckt.
Eine bewegende Bayern-Chronik über den FC Bayer München von Dietrich Schulze-Marmeling.
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Die Bayern Chronik
Dietrich Schulze-Marmeling
Mit Beiträgen von E. Angermair, B.-M. Beyer H. Grüne, F. Kohnke,
D. Kämper, A. Löffelmeier u. A. Wittner

Verlag Die Werkstatt - Göttingen, Oktober 2017
Nummerierte Erstauflage
Zwei Bände – fast 1000 Seiten – 99 EUR