01.01.2020
Hamburger Korrespondenz im Januar 2020


Die Wahlumfrage des NDR in der Zeit vom 11. bis 16. Dezember 2019 «Wenn am nächsten Sonntag Bürgerschaftswahl wäre», brachte interessante Ergebnisse. Danach kommt die SPD auf 28 %, der Grüne Verfolger auf 26 %. Weit abgeschlagen die Christdemokraten mit 17 %, gefolgt von Die Linke mit 11 %, die AdD mit 7 % verfolgt von der gelben FDP, die noch einen Zuspruch von 6 % hat.

Die erste schwarz-grüne Landesregierung in Hamburg gab es von 2008 bis 2010. Bei der Wahl 2004 hatte die CDU eine absolute Mehrheit im Landesparlament. Bereits gab es in diesen Jahren schwarz-grüne Koalitionsregierung auf der Bezirksebene. Für die Bürgerschaftswahl 2008 sah die Vorhersage keine absolute Mehrheit für die CDU voraus, damit gab es eine realistische Option für ein Schwarz-Grünes-Bündnis. Das favorisierte die ehemalige Grüne Senatorin Christa Sager. Auf dem Landesparteitag der Grünen im Oktober fand die Option Schwarz-Grün eine Mehrheit, dafür wurde jede Zusammenarbeit mit der Partei Die Linke ausgeschlossen. Auch der damalige 1. Bürgermeister Ole von Beust tat ein gleiches, verkündete nach der Wahl keine Koalition mit den Sozialdemokraten. Bei der Bürgerschaftswahl am 24. Februar 2008 erhielten CDU und die Grünen – sie firmierte damals noch unter der Bezeichnung «GAL» (Grün-Alternative-Liste) - zusammen die absolute Mehrheit. Am 27. April 2008 stimmte die Basis der GAL dem schwarz-grünen Bündnis zu. Einen Tag später gab auch der CDU-Landesparteitag die Zustimmung zum Koalitionsvertrag. Der schwarz-grüne Senat, auch «Beust III» genannt, war ab dem 7. Mai 2008 bis zum Rückzug von Ole von Beust aus der Politik am 25. August 2010, wurde durch Christoph Althaus, CDU, 1. Bürgermeister bis zum 7. März 2011, abgelöst. In diesen Jahren gab es den Sündenfall der Grünen, die Zustimmung zum Kohlekraftwerk Hamburg-Moorburg. Diese Umweltsünde verdrängen die Grünen mit großem Geschick bis heute.

Bei der Bürgerschaftswahl im Februar 2020 soll für die Grünen der «große Wurf gelingen», die Landesregierung anzuführen. Für diesen Part ist die derzeitige 2. Bürgermeisterin Katharina Fegebank vorgesehen. Diese Funktion übt die Mutter von Zwillingen seit dem 15. April 2015 aus, in Personalunion ist sie Senatorin sowie Präses der Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung im Hamburger Senat. Für die Bürgerschaftswahl im Februar ist sie die alleinige Spitzenkandidatin der Grünen, strebt offiziell das Amt der Ersten Bürgermeisterin an.

Könnten die Hamburger ihren Bürgermeister direkt wählen, würden sich 34 Prozent für den Amtsinhaber Dr. Peter Tschentscher entscheiden, für Katharina Fegebank sind es nur 16 Prozent, weit abgeschlagen ist der CDU-Kandidat Marcus Weinberg, er käme auf 8 Prozent.

Erfolglos verlief für Grün und Schwarz im Dezember 2019 im Bezirk Eimsbüttel auch die erneute Abstimmung der Grünen Katja Husen zur Wahl der neuen Bezirksamtsleiterin. Dazu hatten die Grünen mit der CDU ein Bündnis geschmiedet, um den SPD-Bezirksamtsleiter Kay Gätgens abzuwählen. Wie bei der Wahl im November erhielt Katja Husen nur 25 der erforderlichen 26 Stimmen, dass obwohl Grüne und CDU über 28 Stimmen verfügen. Das Ergebnis am 19. Dezember war gleich. Damit war auch der zweite Misstrauensantrag gegen Kay Gätgens gescheitert und er bleibt im Amt. Der Justizsenator Til Steffen, Mitglied im Vorstand der Grünen kündigte nach dem zweiten Wahldebakel an, keinen dritten Wahlgang mehr starten. Steffen sagte: «Jetzt müssen andere Weg gefunden werden, um grün-schwarze Politik in Zusammenarbeit mit einem SPD Bezirksamtsleiter umzusetzen.»

Im Stadtteil St. Pauli gerät das Sankt Pauli Museum in Not, das nach dem Motto: «Aus Geschichte werden Geschichten» arbeitet. In einem Brief an den Hamburger Kultursenator Dr. Carsten Brosda (SPD) schreibt der St. Pauli-Fotograf Günter Zint: «Wir sollten St. Pauli doch nicht den „Ballermännern“ überlassen.» Das Museums ist sein Lebenswerk, der seit Jahren hier lebt und vom Start der Beatels bis zum Abbruch der Esso-Häuser wie kein anderer mit Fotos dokumentierte. Dem Museum droht im Frühjahr eine mehr als kräftige Mieterhöhung von 6300 Euro monatlich. Kein privat geführtes Museum kann das erwirtschaften. Gibt es kein Wunder, dann ist es Ende März 2020 mit dem Sankt Pauli Museum tatsächlich Schluss. Noch setzt Zint auf den Hamburger Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs, der bekannt ist, dass er auch für die Kultur in Hamburg Gelder besorgt. Günter Zint gegenüber Journalisten: «Für das seit 32 Jahren existierende Museum darf nicht im März das „Aus“ kommen. Für den Stadtteil hat das Museum eine zentrale Bedeutung.» Wir werden sehen, ob Hilfe für das Sankt Pauli Museum kommt.

Hermann L. Gremliza war einer der großen Journalisten der Medienstadt Hamburg. In meinem Dokumentarfilm über den Liedermacher und politischen Barden Franz Josef Degenhardt rückte er dessen Kunst gegenüber der Sängerkonkurrenz von Trallala richtig ein. Gremliza war Anführer der Spiegelredakteure für ein Mehr an Mitbestimmung gegen Herausgeber und Verleger Rudolf Augstein. Die Mitarbeiter erhielten die Hälfte des Verlages, Hermann L. Gremliza musste gehen. Ab 1974 bis zu seinem Tod gab er das Linksdemokratische Monatsblatt «konkret» heraus. Zuerst an der Osterstraße in Eimsbüttel, später zog die Redaktion nach Hamburg-Altona in die Ehrenbergstraße. Auch war Gremel, wie wir ihn liebevoll nannten, so erzählte er, der Ghostwriter von Günter Wallraffs Buch «Der Aufmacher» über die Machenschaften des Axel Cäsar Springer Blattes «BILD». Herman L. Gremliza, der den österreichischen Satiriker Karl Krauss liebte, starb am 20. Dezember 2019 in Hamburg. Ich hoffe, das Politikmagazin «konkret» bleibt uns erhalten.
khw

Sonnenaufgang an der Elbe


Reeperbahn


Eimsbüttel


In memoriam Gremel – auf das es weitergeht